Wenn du dich mit deinem Kompass vertraut gemacht hast, solltest du unbedingt an einem Specialtykurs für Unterwassernavigation und -orientierung teilnehmen. Anschließend wird es dir bei all deinen Tauchgängen leicht fallen, den Kompass und natürliche Orientierungsmöglichkeiten zu nutzen.
Unterwassernavigation bei Ufertauchgängen
Wenn du vom Ufer aus tauchst, sollte der Rückkurs zum Strand/Ufer Teil des Briefings sein. Stelle dich mit dem Rücken zum Wasser und drehe den Stellring am Kompass so, dass der Nordpfeil genau auf die Hauptmarkierung zeigt. Jetzt hast du den Kurs eingestellt, mit dem du wieder zum Ufer zurückfindest, falls du die Orientierung oder deinen Tauchpartner verlierst oder aus irgendeinem Grund abseits vom Einstiegspunkt den Tauchgang abbrechen oder zur Oberfläche aufsteigen musst. Das zweite, was du notieren musst, ehe du vom Ufer aus ins Wasser gehst, sind die Bedingungen. Drehe dich wieder um und beobachte das Wasser. Wenn es eine Längs- oder Rißströmung gibt, musst du das in deiner Tauchgangsplanung und im Briefing berücksichtigen. Zusätzlich kannst du dir Kurse zu Landmarken (oder auffälligen Beleuchtungsanlagen bei Nachttauchgängen) notieren, die dir helfen, dich an der Oberfläche zu orientieren. Du kannst diese Daten auch nutzen, um den Tauchplatz später einmal über eine Dreieckspeilung wiederzufinden.
Bessere Orientierung bei Nachttauchgängen
Plane einen Nachttauchgang am besten an einem bereits bekannten Tauchplatz oder tauche dort erst bei Tage und notiere dir Tiefen, Geländekonturen, Sandhügel, Strömung und Dünung (wobei sich das natürlich ändern kann), Orientierungspunkte über und unter Wasser und Kurse. All diese Punkte helfen dir bei der Navigation und Rückkehr zum Ein-/Ausstieg. Stelle genügend Beleuchtung auf, die den Tauchern den Rückweg zum Boot/Strand/Ufer weist. Jeder Taucher sollte mindestens zwei Lampen und ein Positionslicht haben. Der Kompass sollte ein nachleuchtendes Zifferblatt haben. An bestimmten Tauchplätzen können auch stete, vorhersagbare Strömungen als Orientierungshilfe dienen. Wenn es die Ausrichtung des Tauchplatzes zulässt, sollte man den Tauchgang gegen die Strömung beginnen und sich dann zum Ausstieg zurücktreiben lassen. Steht die geplante Route quer zur Strömung, und die Strömung kommt auf dem Hinweg von links, muss sie auf dem Rückweg von rechts kommen - oder umgekehrt.
Bessere Orientierung bei Bootstauchgängen
Wenn du von einem vertäuten oder ankernden Boot aus tauchst, notiere dir vor Verlassen des Bootes in welche Richtung der Bug zeigt. Notiere dir sobald du an der Leine angekommen bist, deine Peilung in Richtung Strömung (es ist nicht ungewöhnlich, dass sich diese beiden Peilungen unterscheiden). Wenn du ein Sporttauchprofil tauchst, schlagen wir vor, die Kompassmarkierung auf den Nordpfeil einzustellen, wenn du auf einer Tiefe von etwa 6 m angekommen bist - dort wirst du die meiste Zeit deines Aufstiegs verbringen. Zwar kann sich die Strömungsrichtung während des Tauchgangs ändern, aber so hast du immerhin eine Chance, die Entfernung, die du im Falle eines freien Aufstiegs vom Boot abgetrieben wirst, möglichst gering zu halten. Um diese Drift zu minimieren, halte dich bzw. schwimme während des Aufstiegs und bei den Tiefen- und Sicherheitsstopps in diese Richtung. Im besten Falle tauchst du dann in Strömungsrichtung vor dem Boot auf, und selbst im schlimmsten Fall hast du dadurch den bevorstehenden Weg an der Oberfläche minimiert und/oder bist noch in Sichtweite des Bootes. Bitte beachte, dass dies ein Ausweichplan ist. Natürlich ist es immer am besten, an der Festmacher-/Ankerleine aufzutauchen und direkt zum Boot zurückzukehren.
Auf Tauchkreuzfahrten ist eine Markierboje sehr hilfreich. So kann man den Tauchplatz markieren und die korrekte Position der Boje mit dem Sonar kontrollieren, noch bevor ein Taucher ins Wasser geht. Tauche mit der Leine als Bezugspunkt ab, notiere dir den Kurs von der Leine weg, damit du leichter zurückfindest. So wirst du für deine Freunde an Bord vorhersehbarer, wenn es Zeit wird, dich wieder an Bord zu holen. Trotzdem willst du vorbereitet sein, bei Bedarf deine Signalboje aufsteigen zu lassen oder an der Oberfläche zu setzen. Schau‘ während des Sicherheitsstopps und im letzten Teil des Aufstiegs immer mit einem Auge nach oben - tauche keinesfalls unter dem Boot auf!
Bessere Orientierung bei Drifttauchgängen
Die oben beschriebenen Techniken sind auch nützlich, wenn du am Ende eines Drifttauchgangs auftauchst. Solange der Tauchplatz sichtbar ist, empfehlen wir, dich über dem Platz zu halten und dich in die Strömung zu drehen. Wenn du dir an diesem Punkt deine Peilung notiert hast und den Kurs während des Aufstiegs beibehältst, wirst du nicht so weit abgetrieben. Wenn noch weitere Boote am Tauchplatz sind, wirst du dich allerdings in Strömungsrichtung treiben lassen müssen, um außerhalb des Bootsverkehrs aufzutauchen. Das dient deiner eigenen Sicherheit und macht es deinem Bootsführer leichter, dich wieder aufzusammeln. In diesem Fall solltest du deine Signalboje vom Sicherheitsstopp aus aufsteigen lassen, damit das Boot dir folgen kann.
Bessere Orientierung bei Wracktauchgängen
Am Tauchplatz hängt deine Orientierung von den örtlichen Gegebenheiten und den aktuellen Bedingungen ab. Bevor du von der Leine wegschwimmst, notierst du dir markante Orientierungspunkte, die du auf dem Rückweg wiedererkennen kannst. Notiere während des Tauchgangs weitere Orientierungspunkte. Im Allgemeinen solltest du bei Strömung anfangs gegen die Strömung tauchen, es sei denn, du machst einen Drifttauchgang.
Die einfachste Art der Navigation an einem kleinen Wrack ist, immer mit derselben Schulter zum Wrack rund um das Wrack herum zu tauchen, bis du wieder an deinem Einstiegspunkt ankommst. Trotzdem solltest du dir deine anfängliche Kompasspeilung notieren. Wenn du erst einmal anfängst, in sämtliche Ritzen und Spalten zu schauen, Fische zu fotografieren und anderweitig abgelenkt wirst, ist es gut, deine prinzipielle Richtung auf dem Weg um das Wrack zu kennen. Hinzu kommt, dass Wracks, die schon vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten gesunken sind, so zerfallen sein können, dass sie nicht mehr genug markante Orientierungspunkte bieten, um sich ohne Anfangspeilung orientieren zu können. An einem größeren Wrack solltest du wie bei einem langgezogenen Riff bis zu deinem zeit- oder gasbedingtem Umkehrpunkt gegen die Strömung schwimmen und dich dann von der Strömung zum Ausstiegspunkt zurücktragen lassen.
Ein Hinweis zur Vorsicht - viele Wracks bestehen großteils aus Eisenwerkstoffen. Nimmst du deine Anfangspeilungen zu nahe am Wrack, wird deine Kompassnadel nicht nach Norden, sondern zum Wrack zeigen - nimm deine Peilung also solange du noch an der Ankerleine und ausreichend über dem Wrack bist.
Die Natur zum Tauchguide machen
Jeder Angler wird dir bestätigen, dass Fische Strukturen lieben. So kannst du sie als natürliche Navigationshelfer nutzen. Wenn du genau aufpasst, kannst du der „Willkommens-Parade der Fische“ zu einem Wrack oder Riff folgen, wenn Strömung oder Sicht deinen Abstieg gestört haben. Das passiert nicht oft, aber wenn es keine anderen Orientierungshilfen gibt, kannst du auch die Fische zu deinen Führern machen. Wir neigen dazu, uns die Unterwasserwelt als sehr gelassenen, ruhigen Ort vorzustellen - aber ein Riff ist nicht so friedlich wie wir glauben, und das können wir für uns nutzen.
Im Riff herrscht immer Betriebsamkeit, irgendjemand ist immer mit essen beschäftigt, und all diese vielen Lebewesen, die an ihrem Abendessen herumknabbern, machen eine Menge Lärm. Wir können zwar nicht die Richtung wahrnehmen, aus der die Geräusche kommen, trotzdem können sie dir helfen, ein flaches Riff zu finden, wenn trübes Wasser die Sicht auf den Platz versperrt. Wenn es lauter wird, näherst du dich und umgekehrt. Diesen Trick kann man gut an künstlichen Riffen anwenden, die auf ansonsten flachem Sandgrund liegen, wenn Regen oder Wind das Wasser aufgewühlt haben oder Algenblüte die Sicht trübt.
Vorteile, unter Wasser gut navigieren zu können
Das mag sich alles nach einer Menge Arbeit anhören, aber wenn du dir diese Fertigkeiten aneignest und zur Gewohnheit machst, wird dein Tauchen - ohne jeden Zweifel - sicherer und entsprechend noch erfreulicher. Wenn du mit einem Tauchplatz wirklich vertraut bist und dich dort sicher orientieren kannst, wirst du bald deinen Tauchpartnern die örtlichen Unterwasserbewohner zeigen und sie werden entsprechend beeindruckt und dankbar sein. Außerdem wird es dir leichter fallen, verlorene Messer, Lampen und andere Ausrüstung bei schlechter Sicht wiederzufinden - innerhalb von Minuten, nachdem dir Taucher von ihrem Verlust erzählt haben, was dir viel Dankbarkeit einbringen wird.